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Programm

»follow up-Talente 2020

Die Gewinner*innen unserer »follow up-Projektförderung für junge Fotografie stehen fest!

Die fünf Fotograf*innen haben ihre Konzeptumsetzung gestartet. Bis zur Projektpräsentation mit feierlichem Rahmenprogramm bekommen die Talente eine Bühne in den sozialen und digitalen Medien des Freundeskreis.

Unsere fünf »follow up-Talente 2020 sind:

- Manuela Braunmüller: „58 Milliarden Hühner“
- Lukas Kreibig: „Die Letzten ihrer Art“
- Maximilian Mann: „Jurtenviertel“
- Sina Niemeyer: „The many Wives of Mr. ______“
- Arne Piepke: „Anekdoten aus einem fremden Land“

Gesucht wurden in der Ausschreibung Fotokonzepte, die das Charakteristische der eigenen Fotografie zum Ausdruck bringen und eine Art Visitenkarte für den Berufseinstieg darstellen. Das Thema und die Fragestellung waren dabei frei wählbar. Bewerben konnten sich Absolvent*innen der Fotografie und ähnlicher Studiengänge deutschlandweit.

Aus über 90 Bewerber*innen wählte die Fachjury fünf herausragende Talente aus. Die Gewinner*innen erhalten zur Realisierung ihrer Projekte eine finanzielle Starthilfe in Höhe von 2500€ und eine Talent-Förderung im Rahmen des FUTURES-Programms. FUTURES ist eine Initiative der European Photography Platform, die die Ressourcen und Talentprogramme führender Fotografie-Institutionen in ganz Europa bündelt, um die Kapazität, Mobilität und Sichtbarkeit der ausgewählten Fotograf*innen zu erhöhen. Die Fotokonzepte werden in einer »follow up-Publikation veröffentlicht. Eine feierliche Auszeichnung mit einem Rahmenprogramm, in der unsere Fotograf*innen ihre Projekte präsentieren werden, ist ebenfalls geplant. 

Jurybegründungen & Interviews

Fünf Talente wählte die Jury für die erste Vergabe unserer »follow up-Projektförderung aus. Die Jury war begeistert von der hohen fotografischen Qualität und der thematischen Vielfalt der ausgewählten Fotograf*innen. Alle Fünf haben Themen mit hoher gesellschaftlicher Relevanz ausgewählt, wie den Klimawandel, das Artensterben und die Massentierhaltung, die Suche nach einer deutschen Identität und die Liebe in Zeiten der Globalisierung. Ihre individuelle Ästhetik und konzeptuelle Vorgehensweise unterscheiden sich dabei auf spannende Weise und wurden von der Jury besonders gewürdigt.

Manuela Braunmüllers (*1993, Ostkreuzschule für Fotografie) Projekt „58 Milliarden Hühner beschäftigt mit der Massentierhaltung am Beispiel des Huhns. Sie präsentiert die Wertigkeit „Tier“ auf eine stille poetische Weise. In der heutigen Zeit, in der Tierreportagen entweder grausam direkt dokumentiert oder artifiziell überstilisiert werden, findet die Jury Braunmüllers Focus auf Details und Haptik bemerkenswert. Die jeweilige Struktur und Materialität jedes Teils des Tieres wird spürbar, fassbar und dennoch erahnen wir die „grausame“ Geschichte dahinter.

Manuela, wie bist du auf dein Projekt „58 Milliarden Hühner“ gekommen?
Meine Arbeit fokussiert sich schon länger auf die Beziehung zwischen Mensch und Tier, vor allem die Tiere, die wir züchten und nutzen. Seitdem ich herausgefunden habe, dass von jährlich 60 Milliarden geschlachteten Nutztieren 97% Hühner sind, beschäftige ich mich eingehend mit der Frage, wie es zu solchen Verhältnissen kommen konnte und, was das für den Menschen heute bedeutet.

Was treibt dich gerade um und an?
Mich treibt die Frage um, wie wir als Gesellschaft mit menschlicher Gewalt umgehen. Mich treibt an, diese Gewalt gegenüber Tieren zeigen zu wollen, ohne sie zu verherrlichen oder effekthascherisch zu verwenden.

Wer sind deine Vorbilder?
Vorbilder und Inspriation sind die Autoren Yuval Noah Harari und Hilal Sezgin, die Fotografen Michael Schmidt, Guillaume Simoneau, York der Knöfel und Christoph Bangert.

 

Auch Lukas Kreibig (*1987, Hochschule Hannover) beschäftigt sich mit einem Tier, dem Grönland-hund, der vom Aussterben bedroht ist und mit ihm auch die traditionelle Lebensweise der Inuit. Für sein Projekt „Die Letzten ihrer Art“ will er in Grönland den Zerfall dieser Lebensweise untersuchen und visualisieren. Die Jury würdigte besonders seine Suche nach neuen fotografischen Erzählweisen durch Teilhabe an der Gemeinschaft, die er in seinen Langzeitprojekten intensiv verfolgt. Seine Fotografie zeichnet sich durch ihre Poesie und sein Gefühl für den richtigen Moment aus.

Wie bist du auf dein Projekt „Die Letzten ihrer Art“ gekommen?
Mein Langzeitprojekt "Heart of a Seal" hat mich in zwei langen Reisen nach Grönland geführt und mich mit der grönländischen Kultur vertraut gemacht. Mir ist vor Ort aufgefallen, dass der Schlittenhund eine zentrale Rolle in der Kultur der Inuit spielt, gleichzeitig aber massiv vom Schneemobil verdrängt wird. Das hat mein Interesse geweckt. Wieso ist das so? Das Projekt war geboren.

Was treibt dich gerade um und an?
Der Klimawandel spielt derzeit eine wichtige Rolle in meinen Projekten. Gerade jetzt, da es dank Covid-19 nur ein einziges Thema zu geben scheint, gerät der Klimanotstand in den Hintergrund. Grönlands Schlittenhunde sind stark vom Klimawandel betroffen und ich hoffe, dass mein Projekt dabei hilft, die Dringlichkeit des Klimawandels weiter hervorzuheben.

Wer sind deine Vorbilder?
Bildsprachlich inspiriert für mein erstes Langzeitprojekt in der Arktis hat mich Evgenia Arbugaevas Arbeit "Tiksi". "Out of the way" von Elena Anosova spielt in einer ähnlichen Umgebung und hat eine ähnlich Ausdrucksstärke. Oft interessieren mich melancholisch verträumte Bildsprachen. Mir ist wichtig, dass ich ein starkes Gefühl in einer Geschichte und einem Foto erkenne und versuche das auch in meine Fotografien zu übertragen.

 

Maximilian Mann (*1992, Fachhochschule Dortmund) beschreibt in seinem Projekt „Jurtenviertel“ die neue Situation an den Rändern von Ulaanbaatar, der größten Stadt der Mongolei, die durch die zunehmende Landflucht der nomadischen Bevölkerung entsteht. Mann gelingt es, das Besondere in der Fortführung nomadischer Traditionen bei gleichzeitiger Annäherung an das Stadtleben und der damit verbundenen Widersprüche dokumentarisch festzuhalten. In seiner Bildsprache entscheidet er sich stets für berührende emotionale Motive, die nachdenklich stimmen.

Wie bist du auf dein Projekt „Jurtenviertel“ gekommen?
Zusammen mit dem DOCKS-Collective habe ich ein Seminar an einer Universität in Ulan Bator gegeben. Dort dann auch ein Projekt anzufangen war für mich logisch. 
Die mongolische Gesellschaft verändert sich gerade radikal - von einer nomadischen hin zu einer urbanen Lebensweise. Die Jurtenviertel kann man als Symbol für die enormen Veränderungen sehen.

Was treibt dich gerade um und an?
Durch die Corona-Krise wurden sehr viele Veranstaltungen, Termine und Projekte abgesagt, plötzlich ist ganz viel Zeit da. Ich versuche gerade, dies als Chance zu sehen und das Beste daraus zu machen. 

Wer sind deine Vorbilder?
Ich habe keine direkten Vorbilder. Aber natürlich gibt es unzählige spannende fotografische Positionen. Zum Beispiel Alec Soth, Rob Hornstra, Tim Hetherington, Rafal Milach oder Bieke Deeporter. Abseits der Fotografie finde ich Roger Willemsen sehr inspirierend.

 

Mit ihren bisherigen Projekten ist es Sina Niemeyer (*1991, Hochschule Hannover) gelungen, hoch emotionale Themen und ihr ganz persönliches Betroffensein in künstlerische Konzepte zu integrieren, die die Tragweite dieser Themen spür- und erfahrbar werden lassen. Die Jury interessierte besonders, wie sie ihre multimediale Herangehensweise auf ihr neues Projekt „The many Wives of Mr. ______’“, anwendet. Für dieses Projekt beschäftigt sich Sina Niemeyer mit der Internetsuche nach der 'richtigen' Frau, die zunächst harmlos erscheint, heute aber zu einem profitablen Geschäft herangewachsen ist.

Wie bist du zu deinem Projekt „The many wives of Mr. ______’“ gekommen?
Vor einiger Zeit fand ich eine Kiste mit Briefen, alle mit internationalem Luftpostmuster, alle aus den Philippinen. Oft war ein Foto einer jungen Frau beigelegt, versendet wurden sie Ende der 1980er. Schnell begriff ich, dass es sich hierbei um Ehevermittlung handelte. Ich beschloss, dass ich herausfinden wollte, was aus all den Frauen geworden war, ob sie noch am selben Ort lebten oder einen Ehemann im Ausland gefunden hatten, wie sie über ihre Entscheidung von damals denken. Auch interessierte mich, ob der Empfänger eine Frau gefunden hatte. Während ich mich durch die Kiste arbeitete, stieß ich auf immer mehr Hinweise, Hotelrechnungen, Agenturnewsletter, Fotos, und beschloss, einen Trip auf die Philippinen zu buchen. Ich wollte auf Spurensuche gehen und diese Geschichte gleichzeitig mit der aktuellen Situation verweben. Und bevor ich mich versah, war ich mitten drin im Dating-Dschungel aus vornehmlich alten weißen Männern und jungen Filipinas mit der Hoffnung auf ein besseres Leben.

Was treibt dich zur Zeit um und an? 
In der aktuellen Situation fühlt es sich seltsam an, an diesem Projekt zu arbeiten, während der philippinische Präsident Duterte rigorose und beängstigende Maßnahmen im Kampf gegen Corona ankündigt. Ich habe vor Ort viele neue Freunde gefunden und wurde unglaublich herzlich aufgenommen, deshalb bin ich im Kopf oft noch dort und denke viel an die Menschen, die für zwei Monate Teil meines Lebens waren. Wenn es die Umstände erlauben, möchte ich gerne nochmal zurück ins Land.

Wer sind deine Vorbilder?
Generell kann ich mit dem Begriff 'Vorbild' nicht so viel anfangen, da ich für mich herausgefunden habe, dass es immer am Besten ist, der eigenen Intuition zu vertrauen und man seinen eigenen, ganz persönlichen Weg gehen muss. Natürlich bin ich aber auch beeinflusst und geprägt von anderen Arbeiten und stöbere zum Beispiel unglaublich gern durch Buchläden. Fotografisch gesehen haben sich meine Vorbilder recht kohärent mit meiner Bildsprache und Arbeitsweise verändert. Angefangen mit Jürgen Schadeberg, der die Zeit der Apartheid für mich sehr emotional zugänglich dokumentiert hat, waren später Geschichten wie Meeri Koutaniemis 'Taken' über Genitalverstümmlung oder Sara Naomi Lewkowiczs 'Maggie' über häusliche Gewalt einschneidende Erinnerungen für mich. Heute begeistert mich alles, was intim, körperlich, emotional, feministisch oder auch 'radikal subjektiv' ist, wie Sascha Weidners Arbeit mal beschrieben wurde. Dazu zählen für mich Fotografinnen wie Laia Abril, Lina Scheynius, Alec Soth, Carolyn Drake, Stefanie Mooshammer, Elinor Carucci oder Diego Moreno (und noch viele mehr!), aber auch Autorinnen und Speakerinnen wie Chimamanda Ngozi Adichie, Rebecca Solnit oder Margarete Stokowski. Menschlich ist für mich seit Anbeginn meiner Kindheit Mandela das Vorbild - auch wenn es sehr pathetisch rüberkommen mag.

 

Arne Piepke (*1991, Fachhochschule Dortmund) plant für sein Projekt „Anekdoten aus einem fremden Land“ einen Roadtrip in die deutsche Provinz. Die Jury überzeugte vor allem Piepkes Bildsprache, die das vermeintlich Vertraute fern und fremd erscheinen lässt. Seine tragikkomischen Bilder verdichten Situationen und Ereignisse und geben so einen tiefen Einblick in Orte, an denen vielleicht die deutsche Identität sitzen könnte.

 Wie bist du auf dein Projekt „Anekdoten aus einem fremden Land“ gekommen?
In meinem Alltag in Dortmund sind mir enorme Unterschiede zwischen meiner alten Heimat im Sauerland und meinem aktuellen Zuhause aufgefallen. Ich fühlte mich dazwischen. Außerdem hatte ich das Gefühl, Deutschland kaum zu kennen. Es kam mir fremd vor. In Deutschland traut man sich kaum zu einer gemeinsamen Identität und oft wird dieser Begriff für bestimmte Ideologien missbraucht. Vor allem in Deutschland finde ich den Umgang mit der Geschichte spannend. Ich persönlich identifiziere mich nicht durch einen Staat und seine Grenzen. Aber ich frage mich: Kann es eine Deutsche Identität geben und hätte diese einen Mehrwert für die Gesellschaft? Was „versteckt“ sich diesbezüglich in kleineren Gemeinden und Gesellschaften? 
Ich suche unerwartete Momente, um Deutschland auf eine gewisse Art „fremd“ darzustellen und anzuregen, die deutsche Identität zu hinterfragen. Diese überraschenden Situationen und Orte sollen zum Hinterfragen der deutschen Identität anregen. Mir war von Anfang an klar, dass meine Arbeit auch provozieren kann und soll. Das Ergebnis soll diskutabel sein und vor allem Fragen stellen, anstatt Antworten zu liefern.

Was treibt dich gerade um und an?
Ich habe schon viel Neues kennengelernt und merke, dass ich noch lange nicht am Ende bin. Es gibt noch einiges zu entdecken. Jedoch ist eine solch offene Fragestellung auch eine große Herausforderung. Was für Aspekte passen? Was für geschichtliche Anekdoten kann ich visualisieren? Wann gehe ich zu weit? Gleichzeitig motiviert mich diese Offenheit des Themas und bringt mich in Momente, mit denen ich vorher niemals rechnen konnte. 
Leider wurden aufgrund der aktuellen Lage einige für mich relevante und vielversprechende Veranstaltungen abgesagt. Deshalb werde ich mich zunächst auf bestimmte Orte ohne Menschenansammlungen konzentrieren, hoffe jedoch, dass ich gegen Ende des Jahres wieder einige Feste und Veranstaltungen besuchen kann. 

Wer sind deine Vorbilder?
Wegen ihres offenen Umgangs mit Themen und dem Nutzen von Fragestellungen durch Fotografie sind für mich Martin Kollar und Gregory Halpern inspirierend. Während einer Arbeit habe ich aber normalerweise keine spezifischen Vorbilder im Kopf und versuche frei von äußeren Einflüssen zu fotografieren.

 

Die »follow up Fachjury

- Denis Brudna, Herausgeber / Anna Gripp, Chefredakteurin Photonews
- Stephanie Bunk, Kuratorin der Griffelkunst-Vereinigung Hamburg e.V.
- Prof. Dr. Karen Fromm, Hochschule Hannover, Fotojournalismus u. Dokumentarfotografie
- Lars Lindemann, GEO Fotochef
- Anja Kneller, Beratung für Fotograf*innen I freie Bildredaktion
- Robert Morat, Galerist, Robert Morat Galerie
- Ingo Taubhorn, Kurator Haus der Photographie

Förderung des fotografischen Nachwuchses gehört zum Freundeskreis-Programm

Mit dem neuen Förderangebot »follow up will der Freundeskreis im Besonderen Fotograf*innen zum Berufsstart eine attraktive Plattform bieten und den Sprung in die Berufswelt erleichtern. Dazu lobte der Freundeskreis im Winter 2019 anlässlich seines 25-jährigen Jubiläums deutschlandweit die neue Projektförderung für Absolvent*innen des Fotografiestudiums aus.
Eine Kooperation mit PHOTONEWS, der Zeitung für Fotografie.

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